[LE] Ein Einwurf aus Berlin zum „Feuerwehr“-Beitrag

Liebe Leute in Leipzig,

mit Belustigung durfte ich euren Beitrag zum jüngsten Besetzungsversuch in Leipzig lesen, spiegelt er jedoch genau die Debattenlinien wieder welche hier schon seit Jahren durchgekaut werden. Der Vorwurf Strohfeueraktionen wie öffentliche Hausbesetzungen seien lediglich Selbstbespaßungen wie ein Feuerwerk wurde hier schon gegenüber der #besetzen Kampagne geäußert und hat auch sicherlich auch seine Berechtigung. Seltsam sind jedoch eure Schlusfolgerungen. Weil der Bullenapparat aufgerüstet hat sollen wir es nichtmehr probieren und unsere Aktionsformen intensivieren und ausweiten? Mal davon abgesehen, dass die Bullen selbst einräumen mussten dass Sie eben nicht allmächtig sind, können wir uns ja nach dieser Logik den Kampf gegen den Kapitalismus, welcher um Größenordungen mächtiger ist als BRD-Bullen, ja gleich ganz sparen…

Dieses Selbstverzwergen und sich selbst Ohnmacht einreden werde ich wohl nie verstehen. Lasst uns doch die auch noch so kleinen Erfolge in Erinnerung rufen und darauf aufbauend sehen was wir besser machen können. In Berlin z.B. gibt es mit der Habersaathstr. die wohl längste Besetzung seid mindestens 15 Jahren, dutzende Leute die vorher garkein Zuhause hatten haben hier eine Bleibe gefunden. In Aachen gibt es gar ein ganzes Kloster welches seit mehr als einem Jahr besetzt ist und auch bei euch in Leipzig ist doch BlackTriangle garnicht so lange her?!

Geradezu absurd wird es wenn Deutsche Wohnen enteigen! oder vergleichbare reformistische Bestrebungen als Alternative gelobt werden. Diese sind allesamt gescheitert, nachdem sie zuvor große Hoffnungen geweckt haben. Aufgrund der zerschellten Hoffnungen und Perspektivlosigkeit ist die Berliner Mietenbewegung gerade mausetot, obwohl eine Wohnung zu finden inzwischen schwieriger als ein sechser im Lotto ist. Die Antwort besagter Bewegungsmanager*Innen auf diesen Stillstand? Ein neuer Volksentscheid mit konkretem Gesetzentwurf (welcher dann, man muss nur feste drann glauben, nicht ignoriert werden soll…) oder die Wiederbelebung des Vorkaufsrechts…

Ebenjenes Milieu dreht sich mindestens so sehr im Kreis wie das Autonome!

Zwei Vorschläge zur Güte

Aufbauend auf den beiden Ansätzen zwei Vorschläge wie es weitergehen könnte:

Verschränkung von legalistischen Kampagnen und Militanz:
Derzeit können Politik und Kapital Volksabstimmungen quasi nach belieben sabotieren und aussitzen, weil, wie man in Berlin sieht, das Stimmvieh ja ohnehin brav nach Hause geht und die eigene Ohnmacht beweint. Anders wäre dies vielleicht wenn die Absage an DWE mit einem konkreten militanten Preis verbunden wird, nach dem Motto solange klirren die Immobilien- und Parteibüros bis das Abstimmungsergebnis umgesetzt wird.
Cleveres Besetzen durch stilles Besetzen:
Was viel zu wenige wissen: Wenn Mensch sich in einer Besetzung erstmal eingerichtet hat können die Bullen nicht legal räumen und müssen erst auf gerichtliche Klärung zwischen Eigentümer und Besetzer*Innen warten. Dies kann u.U. ziemlich lange dauern bis unmöglich sein, da zur Klageeinreichung konkrete Namen der besetzenden erforderlich sind. BlackTriangle war hier ein lehrreiches Beispiel. Daher macht es Sinn sich einfach im stillen eine Bude zum Einziehen zu suchen und das mietfreie Leben zu genießen bis der Kampf losgeht. Erfordert natürlich etwas mehr commitment als etwas Pyro am ersten Tag aus dem Fenster zu ballern, dafür lohnt es sich auf dauer umso mehr!

Wir sollten uns vor Augen führen das unbezahlbarer Wohnraum, steigende Obdachlosigkeit etc. kein Problem einzelner Städte sind, sondern ein Problem welches derzeit alle kapitalistischen Gesellschaften ähnlich betrifft. Es ist neben dem Klimawandel DIE soziale Frage unserer Zeit! Daher kann das Problem nur durch zurückdrängen des Kapitalismus gelöst werden und nicht durch auf einzelne Städte anwendbare Maßnahmen!